A-TOURIST – amtl. geduldet

Premiere        Mi. 6. März 2002 um 20.30 im Schlachthaus Theater Bern

Eine Umlaufbahn, die sich sozusagen um die ganze Welt spannt: Nicht alle können sich lösen – nur einige schaffen es effektiv bis nach Europa einige davon bis in die Schweiz. Kurz vor der Schweizer Grenze: Da fliegen sie ein, die MirgantInnen und Asylsuchenden und stranden als erstes am Zoll. Der Eintritt oder Übertritt in das Land der Berge ist reglementiert, anderes wird von ihnen verlangt als von einer Gruppe Touristen. So reisen sie also in die Schweiz hinein, Gruppen von Individuen, mit dem Stempel FREMDE. Was erleben sie hier, wie verständigen sie sich, was gefällt ihnen, was müssen, dürfen, sollen sie hier, was vermissen sie, was verstehen sie nicht, wie werden sie behandelt? 

Warst du schon mal Skifahren? Fondue? Schokolade? Banken? Geld? Uhren? Matterhorn? Die Klischees über die Schweiz sind ähnlich zahlreich wie die Klischees über die AusländerInnen: 
«Überall in der Schweiz ist es schön, ausser im Lager (Durchgangszentum)!» Zitat Alda Murati

Sie sind Fremde unter Fremden in der Fremde. Was heisst es anzukommen, die Sprache zu lernen, was machen sie in den Städtchen rund um Bern, im Hier und Jetzt, in der Realität der Schweiz? 
Es ist hauptsächlich eine Auseinandersetzung mit der Gegenwart, in der immer wieder Blitze der Vergangenheit auftauchen und Schimmer der Zukunft. Der Zustand von ‹Fremdsein›, ‹Neugierigsein›, beschränkt werden und zu warten.

A-Tourist proben adelboden

«Die Heimatlosigkeit wird ein Weltschicksal.» (Martin Heidegger)

  • Spiel                Alda Murati, Ali Abbaspour, Amir Hamidi Akbar, Bahram Moosivand, Beqir Zenelaj, Duygu Bay, Elvis Beciri, Hassan Hayari,Joseph Usman, Luigi Geiser, Luzolo Luzambi, Marco Geiser, Ossy Chukwu, Peiman Najafi, Putri Henzer,Rami Abu Henud, Shiva Mabood, Yakub Kotshar
  • Leitung           Christoph Hebing und Sinje Homann
  • Mitarbeit        Laura Marrer und Peter Zumstein
  • Choreogrfie    Heidi Aemisegger
  • Bühne             Johanna Burkhart
  • Licht                Barbara Widmer
  • DOK-Film        Mano Khalil
  • Grafik              Johanna Guyer

Entstehung
Die Idee ein Stück mit Jugendlichen Asylsuchenden zu machen, entstand nach der Lektüre  des Artikels «Amtlich geduldet» von Christoph Keller im TagiMagi. Die Portraits gehen unter die Haut, genauso die Bedingungen, die Reglements und all das Unmögliche mit dem sie sich rumschlagen müssen. Eigentlich wollen sie an ihrer Zukunft bauen und dürfen kaum.
Etwa gleichzeitig wie der obengenannte Artikel erschien eine Untersuchung in den Schweizer Berufsschulen, in der festgestellt wurde, dass mehr als 50% der SchülerInnen über rassistisches Gedankengut verfügen. 
Wir beschlossen mit diesem Hintergrund ein Stück mit jugendlichen Aslysuchenden und MigrantInnen zu erarbeiten. Nach einer Einarbeitungs- und Plangsphase, wurde versucht, eine den TeilnehmerInnen angemessene Form zu finden, die es erlaubt, gleichaltrige Menschen in verständnisfördernder Art und Weise, mit Fragen und Antworten ihrer stumm gewordenen oder zur Stummheit verurteilten Zeitgenossen zu treten.

Ausgangspunkte
Wandern ist eine Bewegung zwischen festen Punkten; dazu gehört ein Ort der Herkunft und der Ankunft. Migration und Flucht dagegen ist Wanderschaft ohne sichere Rückkehr oder gewisser Ankunft. 
So stranden sie als Gastarbeiter, Flüchtlinge, Immigranten, Zugereiste, Touristen, als Menschen mit mehreren Staatsbürgerschaften an unserer Grenze. Mit dem ersten Schritt in die Schweiz hinein, beginnt eine weitere Reise: durch Empfangsstellen, Verteilschlüssel, Kollektivunterkünfte (sogenannte Durchgangszentren), Tagespauschalen, durch N, F, B – etc. Ausweise und Paragraphen hinein in eine Bürokratie in Deutscher Sprache. Was wissen sie von der Schweiz, wenn sie an der Grenze stehen? Nicht mehr als ein Durchschnittstourist, aber ihre Ausflugsziele sind nicht Luzern, Zermatt oder St. Moritz. Was sehen und erleben sie an den Orten wo sie hinkommen, ohne Skipisten, teure Uhren und Alphörnern?